Eine Chance für die Hochschule Merseburg – Neue Schwerpunkte bei Erasmus+
In der neuen Programmphase 2021 bis 2027 von Erasmus+ geht es um viel mehr als den Austausch von Personen: Teilnehmende Hochschulen sollen dabei helfen, den europäischen Gedanken in ihre Regionen zu tragen, Diversität und Umweltschutz fördern sowie die Digitalisierung ihrer Prozesse vorantreiben. Welche Herausforderungen, aber auch Chancen das mit sich bringt, berichten Cornelia Lorenz und Catharina Schulten vom International Office/Language Centre.
Liebe Frau Lorenz, liebe Frau Schulten, von Erasmus hat sicher jede*r schon einmal gehört. Welche Möglichkeiten bietet das Programm für unsere Hochschulangehörigen?
Frau Schulten: Erasmus+ ist das größte Austauschprogramm der europäischen Union. Es richtet sich nicht nur an Studierende, sondern auch an Lehrende und andere Hochschulmitarbeitende. Gefördert werden Auslandssemester und Praktika, Teaching Mobilities und Weiterbildungsveranstaltungen.
Welche Neuerungen gelten in der aktuellen Programmphase von 2021 bis 2027?
Frau Lorenz: Neu ist, dass sich Erasmus+ nicht mehr nur auf den Austausch von Personen bezieht, sondern vier weitere Schwerpunkte verfolgt: Inklusion und Diversität, die Digitalisierung des Programmes, die Teilhabe am demokratischen Leben sowie Nachhaltigkeit und Umwelt. Als teilnehmende Hochschule sind wir verpflichtet, an der Umsetzung dieser Schwerpunkte mitzuwirken.
Wie können wir uns das vorstellen?
Frau Lorenz: Vielleicht starten wir mit dem Thema Digitalisierung: In Zukunft werden wir im Kontext von Erasmus+ eine Plattform nutzen, die uns den digitalen Austausch von Daten ermöglicht. Alle Prozesse, seien es Nominierungen, Bewerbungen, das Abschließen von Verträgen oder das Erstellen von Leistungsübersichten, finden dann papierlos statt. Selbst E-Mails sind nicht mehr notwendig. Bei der Umsetzung arbeiten wir eng mit unserem IT-Servicezentrum zusammen.
Wie wird der Schwerpunkt auf soziale Inklusion und Diversität bei uns umgesetzt?
Frau Lorenz: Seitdem es Erasmus gibt, werden Studierende mit Kind oder Behinderung durch höhere Zuwendungen besonders gefördert. Wir fokussieren uns in der neuen Programmphase weiterhin auf diese beiden Gruppen, achten aber auch verstärkt darauf, Studierende einzubeziehen, die aus wirtschaftlichen Gründen ansonsten nicht teilnehmen könnten. Zudem ist es uns wichtig, Studierende aus allen Fachbereichen gleichermaßen zu ermutigen, an Erasmus+ teilzunehmen sowie insbesondere junge Menschen anzusprechen, die sich als „divers“ identifizieren.
Frau Schulten: Nicht zu vergessen ist, dass wir als teilnehmende Hochschule gleichzeitig verpflichtet sind, Diversität, soziale Inklusion sowie die weiteren Schwerpunkte von Erasmus+ bei uns in Merseburg sicherzustellen und zu fördern! Das werden wir vielleicht nicht in jedem Punkt zu 100 Prozent schaffen, aber wir müssen nachweisen, dass wir versucht haben, unser Bestes zu geben.
Das klingt nach einigen Herausforderungen.
Frau Lorenz: Ja, die Empfehlung seitens der EU ist, dass wir als Hochschule selbst analysieren, welche Gruppen bei uns besonders förderungsbedürftig sind und wir eine gezielte Strategie entwickeln, um diese besser zu erreichen. Dabei sind wir auf die Stellen in der Hochschule angewiesen, die bereits mit diesen Gruppen arbeiten, z. B. die Gleichstellungsbeauftragten und die Interessenvertretungen für Hochschulangehörige mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankungen. Auch vom StuRa und anderen Gremien erhoffen wir uns dazu Hinweise.
Noch ein anderes Thema: Wie ist der Schwerpunkt auf demokratische Teilhabe zu verstehen?
Frau Lorenz: Man wünscht sich sehr, dass der europäische Gedanke durch das Programm noch stärker verbreitet wird, z. B. indem ausländische Studierende bei uns in Gremien, Vereinen und sonstigen Initiativen mitwirken. Oder andersherum, dass unsere Studis im Ausland außerhalb der Hochschulen gesellschaftlich aktiv werden.
Frau Schulten: Bei uns könnten sich die Studierenden z. B. bei den Campuskids engagieren.
Oder bei unserer Fridays for Future Gruppe, bei Campus Connect oder im Studentenclub Wärmi!
Frau Lorenz: Genau, deshalb ist es so wichtig, dass wir an bestehende Netzwerke anknüpfen.
Kommen wir noch einmal zurück zu den anderen Schwerpunkten. Wie möchten Sie Studierende verstärkt fördern, die aus wirtschaftlichen Gründen ansonsten nicht an Erasmus teilnehmen könnten.
Frau Lorenz: Wir möchten z. B. Studierende verstärkt ansprechen, die aus verschiedenen Gründen kein BAföG erhalten. Die Zuschüsse von Erasmus+ reichen sicher aus, wenn man ein Auslandssemester in Osteuropa verbringen möchte. In Süd-, West- und Nordeuropa wird es aber ohne BAföG, Unterstützung durch die Eltern oder einen Nebenjob schwierig. Mitunter kostet allein ein Wohnheimplatz 700 Euro im Monat.
Lassen Sie uns zum Schluss noch über den Schwerpunkt ökologische Nachhaltigkeit sprechen.
Frau Schulten: Beim Reisen hinterlassen wir alle einen ökologischen Fußabdruck. Der CO²-Ausstoß wird erhöht. Wir möchten dafür sensibilisieren, dass man auch anders reisen kann als mit dem Billigflieger für 30 Euro.
Frau Lorenz: Das Thema Ökologische Nachhaltigkeit ist nur ein Beispiel dafür, dass die Schwerpunkte von Erasmus+ uns alle etwas angehen. Spätestens in sieben Jahren müssen wir Ergebnisse vorweisen. Wir sehen das nicht nur als Herausforderung, sondern vor allem als Chance, dass sich an unserer Hochschule etwas bewegt.