Kulturpädagogische und Künstlerische Projektarbeiten
Im Theater am Campus (Tac) an der Hochschule Merseburg lädt Anna zum Mitmachen ein. 4 Studierende helfen ihr dabei, das von ihr geschriebene Märchen „Ella hat keine Lust mehr auf Prinzessin“ spontan als Theaterstück zu performen. Während Anna das Märchen vorträgt, tauchen ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen in die Welt des Märchens ein und improvisieren in den ihnen zugewiesenen Rollen, z. B. als Kobold und Drache, das Theaterstück. Bei der Performance handelt es sich um eine von insgesamt mehr als 40 kulturpädagogischen und künstlerischen Projektarbeiten des Bachelorstudiengangs Kultur- und Medienpädagogik (KMP), die im Juni präsentiert wurden. Wir stellen stellvertretend vier Projekte der Studierenden vor.
"Ella hat keine Lust mehr auf Prinzessin"
Am Anfang stand das eigene fünfjährige Ich. „Als ich über die Projektidee nachdachte, wusste ich, dass ich für eine sehr junge Zielgruppe arbeiten wollte“, so Anna Tippner. Die Frage, was ihr selbst einmal Freude bereitet habe, führte sie zu ihren früheren Mitmach-Theater-Aufführungen auf Schloss Neu-Augustusburg in Weißenfels. Somit war die Idee geboren: „Mit ‚Ella hat keine Lust mehr auf Prinzessin‘ habe ich schließlich ein modernes Märchen geschrieben und mit einer Gruppe von zehn Kindern im Alter von 4 bis 7 Jahren umgesetzt“, erklärt sie. Das Theaterstück enthält anspruchsvolle ethisch-moralische Botschaften. Sie reichen von sozialer Gerechtigkeit über Inklusion bis hin zu Themen wie Vielfalt und Toleranz. Damit wolle sie Stereotypen aufbrechen. „Die Kinder sollen schon möglichst in der frühkindlichen Bildung verstehen, dass die Welt bunt und vielfältig ist“, sagt Anna. Deshalb hat im Märchen Ella eben keine Lust auf Prinzessinnen, die Kobolde in der Geschichte sind nicht anders, sondern ähneln den Menschen und der Drache ist nicht böse. Er ist einfach nur einsam und wird von der Gesellschaft aufgrund seines phänotypischen Erscheinens verurteilt.
Das Medium Erzähltheater habe die Möglichkeit eröffnet, die Kinder – die während des Vorlesens des Märchens verschiedene Rollen annahmen, spielten oder improvisierten – auf verschiedenen Ebenen zu fördern. Dazu gehörten beispielsweise die Kreativität und die Vorstellungskraft, die sich im Erstellen von Kostümen, Requisiten und Bühnenbildern oder beim Interpretieren der Charaktere niederschlugen, die Empathie, die durch die Übernahme von Charakteren gestärkt wurde, oder auch die Teamarbeit und der Ideenaustausch. Dadurch lernen Kinder, dass Ziele am einfachsten gemeinsam zu erreichen sind.
Die Arbeit mit den Kindern hat Anna große Freude bereitet. „Deswegen würde ich mich freuen, wenn ich das Märchen mit der Unterstützung von Schulen oder sozialen Einrichtungen inhaltlich weiter ausbauen und zusammen mit Kindern weiter umsetzen könnte“, lässt uns Anna abschließend wissen.
Am Studium der Kultur- und Medienpädagogik gefällt ihr am besten die enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Außerdem hat sie im Studium gemerkt, dass ihr die Pädagogik liegt und Freude macht. Deshalb kann sie sich vorstellen, sich in diesem Bereich weiterzubilden oder noch ein Studium in Richtung Soziale Arbeit anzuschließen.
"Mutterschaft“
Mit ihrem Projekt „Mutterschaft“ ginge es nicht gegen Väter oder Männer, erklärt Anne Martha Hilliger ausdrücklich. „Mit meinem Fotobuch möchte ich lediglich den Aspekt zeigen, dass es einer Mutter freigestellt sein darf, sich aus dem Narrativ, dass nur eine hetero-normative Kleinfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und Kind, gut und gesund für das Kind sei, herausziehen zu können“, sagt die KMP-Studentin. Sie habe während des Studiums in einer WG mit zwei getrennt erziehenden Müttern gewohnt. Durch viele gemeinsame Gespräche sei schließlich die Idee entstanden, deren Leben fotografisch und erzählerisch festzuhalten. Ergänzend habe sie Mareice Kaisers Buch „Das Unwohlsein der modernen Mutter“ (Rowohlt, 2021) gelesen und sich bestätigt gefühlt, dass viele Erwartungshaltungen an Mütter fernab der Realität seien. „In meinem Fotobuch habe ich von mir erstellte Fotos mit Texten von fünf Müttern kombiniert. In den Texten geht es unter anderem um die individuelle Betrachtung der persönlichen Mutterschaft“, sagt Anne. Zweifellos bleibt es ein für die Zukunft relevantes Thema. Aus ihrem Studium habe sie viel für ihre eigene Zukunft mitnehmen können, ergänzt sie. Sie habe an der Hochschule sowohl den praktischen Ansatz als auch die gelebte Augenhöhe, auf der sie vielen Dozierenden begegnen durfte, gemocht. Nach ihrem Abschluss werden bei Anne weiterhin Schnittstellen von Bildung, Technologie und Gemeinschaft im Fokus stehen.
"material world"
„Mathilde und ich sind in verschiedenen Projekten wie Theaterprojekten, Festivals oder Kulturevents unterwegs – irgendwas läuft immer neben der Hochschule“, sagt Julia Wilke. Und so fußt die gemeinsame Projektarbeit „Belastungsgrenzen“ auf den Alltagserfahrungen junger Erwachsener. „Das Thema erschien uns eine gute Idee, da es sich für die künstlerische und pädagogische Auseinandersetzung anbietet und viel Raum für den persönlichen Austausch ermöglicht“, erklärt sie. Um eine gewisse Leichtigkeit zu erzielen, haben beide Studentinnen versucht, sich dem Thema spielerisch, biographisch und performativ zu nähern. „Wir balancieren immer um diese Grenzen in unserem Leben herum“, erinnert sich Julia. Sich mit den eigenen Belastungsgrenzen auseinanderzusetzen, kann intensiv sein. Deswegen kann es hilfreich sein, sich der Thematik künstlerisch und spielerisch zu stellen und sich mit Mitteln des Theaters das Thema zu nähern.
Und so mündete die Idee im Januar in einem dreitägigen Theater-Workshop, der die drei Inszenierungsformen Performance, biografisches Theater und Objekt-Theater vereinte. Darauf haben wir unsere kulturpädagogische und künstlerische Projektarbeit aufgebaut, inhaltlich erweitert und unter dem Namen „material world“ präsentiert. "Material world" als Projektthema haben Julia und Mathilde gewählt, weil sie von Anfang an mit Objekten und Materialien gearbeitet haben und weil wir in einer "material world" leben, die es uns nicht immer einfach macht, unsere Belastungsgrenze im Blick zu behalten.
Die Hochschule ist als Raum für eigene kreative Projekte ideal. „Wir haben durch den Schwerpunkt Theaterpädagogik viele Werkzeuge an die Hand bekommen, die es uns erst ermöglichten, solche Projekte eigenständig auf die Beine zu stellen. Durch den Studiengang sind wir außerdem gut vernetzt“, hebt Julia hervor. Nach dem Studium bieten sich dadurch Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln und in verschiedene Jobs hineinzuschnuppern.
Robin Michaelis und Franziska Sacher während ihrer Projektpräsentation.
"colorful minds"
Ganz besonders gefalle ihm der praktische Anteil in seinem Bachelorstudium, bestätigt der KMP-Student Robin Michaelis. „Dazu gehören die Möglichkeiten, einerseits sich selbst in den verschiedenen Werkstätten auszuprobieren, andererseits jedes Semester eigene Workshops zu konzipieren und durchzuführen“, sagt er.
Und so entstand zusammen mit seiner Kommilitonin Franziska Sacher das Projekt „colorful minds“ in Form eines Fotomagazins. Dabei geht es um Farbpsychologie. „Franzi hatte ein cooles Bild gesehen, bei dem Emotionen wie Wut und Schmerz durch die Farbe Rot verdeutlicht wurden“, erklärt Robin. Ihre Bilder sind daran angelehnt: Für jede Seite wurde eine Farbe ausgewählt. Um die Wirkung zu verdeutlichen, wurde eine Person in einer für diese Emotion passenden stereotypischen Geste fotografiert.
Farben sind allgegenwärtig. Firmen setzten Farben bewusst in ihren Logos oder in ihrer Werbung ein, um Vertrauenswürdigkeit auszustrahlen und die Kaufbereitschaft zu fördern. Auch bei der Raumgestaltung sind Farben nützlich, um eine ruhigere Atmosphäre zu schaffen oder um Kreativität zu fördern. Diese Aspekte wollten Robin und Franziska mit ihrer Projektarbeit zum Ausdruck bringen und gleichzeitig verdeutlichen, warum Farben eine Wirkung auf Menschen haben und wie sich diese Wirkung bemerkbar macht.