Nachhaltigkeit und frühkindliche Bildung

Nachhaltigkeit und frühkindliche Bildung

Erste allgemeine Assoziationen zum Begriff der Nachhaltigkeit betreffen meist zunächst den naturwissenschaftlichen Bereich. Doch was wird im Bereich der frühkindlichen Bildung unter Nachhaltigkeit verstanden? Hierzu sind zunächst zwei Verständnisfragen zu klären: die nach dem Begriff der Nachhaltigkeit und die nach dem Begriff der Bildung.

Wie bereits vermutet, zeigt sich der Begriff der Nachhaltigkeit in vielerlei Facetten. So geht es z.B. um Natur- und Artenvielfalt, Energie und Klima, Ernährung und Landwirtschaft, Wasser, Luft und Boden, Konsum und Mobilität oder auch um kulturelle Vielfalt. Schauen wir zunächst nur auf das Wort nachhaltig, dann erklärt uns das Wörterbuch, dass es sich hierbei um etwas handelt, was sich auf längere Zeit stark auswirkt, etwas Anhaltendes, Dauerhaftes.

Wenn wir Bildung nicht nur als bloßes Anhäufen von Wissen begreifen, sondern wie z.B. Humboldt als „die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen“, dann ist Bildung immer auch nachhaltig, da sich Menschen durch diese lebenslange Aneignung von Welt und Wissen ein Bild, ein individuelles Verständnis von dieser Welt machen. Dieses beeinflusst – meist unbewusst – ihr Denken und Handeln und ist Grundlage, an der alle neuen Erlebnisse anknüpfen können.

Schließen wir an diesen zwei stark verkürzt dargestellten Definitionsversuchen an, dann sehen wir eine sehr deutliche Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Bildung auch schon in der frühen Kindheit.

Die Bachelorarbeit von Vanessa Ernst in Zusammenarbeit mit den CampusKids brachte hierzu das Ergebnis hervor, dass Natur- und Umweltbildung am nachhaltigsten gelingen, wenn sie sich alltagsintegriert vollziehen und pädagogische Fachkräfte reflektierte Vorbilder sind. Naturverbundenheit ist eine wichtige Grundlage, und diese entsteht am ehesten in der Kindheit im sozialen Umfeld, durch positive Emotionen sowie Vorbild und KoKonstruktion. Erfolgreiche Umweltbildung lässt Kinder aktiv werden, Selbstbildung betreiben und so einen Sinnstiftungsprozess erleben. Intrinsische Motivation ist dabei ebenso wichtig wie eine Bindung zu den Vorbildern. Erwachsene fördern diese Bildungsprozesse durch aufmerksames und aktives Beobachten, Vorbereiten von Raum und Umgebung und angemessenes Begleiten.

Ganz praktisch gedacht, gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte, um Nachhaltigkeit in Kitas umzusetzen. Natur- und Artenvielfalt kann uns in der frühkindlichen Bildung begegnen, wenn wir ein anregungsreiches Außengelände haben oder Kinder einen Waldkindergarten besuchen. Die CampusKids verfügen über ein anregungs- und artenreiches Außengelände. Hier finden sich z.B. über 50 verschiedene Pflanzen[1]arten. Diese laden Kinder allein durch ihre Präsenz ein, sich mit ihnen auf verschiedene Weise und mit allen Sinnen auseinanderzusetzen. Da sind z.B. die leuchtend gelben und roten Hartriegel, mit denen auch gebastelt werden kann, der duftende Sommerflieder, der viele Schmetterlinge und Insekten anlockt, und die leckeren Äpfel, Birnen oder Erdbeeren.

Mit Tablet und App können im Garten Vögel oder Pflanzen bestimmt werden. Mit Schaufel und Rechen werden im Frühjahr die Hochbeete bearbeitet und für verschiedene Pflanzen vorbereitet, z.B. für die selbstgezüchteten Tomaten, Paprika, Bohnen, Erbsen, Kapuzinerkresse, Schnittlauch, Möhren, Kartoffeln. Die Kinder entscheiden demokratisch, was sie anbauen wollen und realisieren dies dann mit Begleitung. Die Ernte erfolgt meist ganz autonom durch die Kinder – die meisten Nahrungsmittel werden bereits im Garten verspeist. Hier lernen die Kinder sehr früh durch Erfahrung, aber meist durch Ratschläge älterer Kinder, dass z.B. grüne Erdbeeren oder Tomaten nicht schmecken, Erbsen aber grün bleiben, Walderdbeeren nicht so groß werden wie die Kulturerdbeeren und trotzdem genießbar sind. Sie wundern sich und fragen, warum die Früchte hier auch manchmal angefressen sind und die im Supermarkt nicht. Gemeinsam gehen Pädagog*innen mit ihnen philosophierend und forschend auf die Suche nach einer Antwort bis hin zu den Themen Düngung und Pflanzenschutz. Dieses erworbene Wissen teilen die Kinder dann auch mit ihren Eltern, legen daheim Beete an oder bewirtschaften Blumenkästen auf dem heimischen Balkon.

Ein Teil der Ernte wird bei den CampusKids dann gemeinsam in der Küche verarbeitet. Dabei wird auf eine ausgewogene Ernährung geachtet. Hier finden sich unmittelbar die Bereiche Ernährung und Landwirtschaft wieder. Auch die Themen Wasser, Luft und Boden wie auch Energie und Klima werden davon berührt. Kinder bemerken z.B. im heißen Sommer, dass die Pflanzen dringend Wasser benötigen, erfassen, welche Bodenqualität vorhanden ist, gießen und lockern den Boden, damit die Pflanzen weiter wachsen können und erfahren durch diese Erlebnisse mehr zum Thema Klima und Klimawandel. Die partizipative Gestaltung des Kitaalltages berührt soziale Fragen von nachhaltiger Bildung ebenso wie die von Sanierung, Bau und Energieaspekten. Dadurch, dass Kinder diese viel[1]fältigen Themen im täglichen Miteinander und nicht nur punktuell erleben, können wir auch von nachhaltiger Bildung zur Nachhaltigkeit sprechen.

Beitrag von Sandra Frisch

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