Praktikum Brighton

BELONG AT BRIGHTON: SEX, SATISFACTION, SCIENCE! ÜBER EIN FORSCHUNGSPRAKTIKUM AN DER UNIVERSITY OF BRIGHTON

Wenn man eine Zeitlang außerhalb Deutschlands lebt, ist das eine unvergessliche Zeit. Man lernt vielfältige Facetten eines Landes kennen, trifft interessante Menschen, macht neue Erfahrungen und ist unter Umständen, trotz digitaler Verbundenheit, zeitweise auf sich allein gestellt. Kaum wieder zurück im Alltag, wirkt die vergangene Zeit wie in einem Film. Auf der einen Seite fühlt es sich unwirklich an, das Erlebte Revue passieren zu lassen. Auf der anderen Seite ist es ein Teil des persönlichen Erfahrungsschatzes und bleibt unvergessen – zumindest bei mir.

Schon während des Abiturs wollte ich „mal raus“ aus Deutschland. Wie es die Umstände wollten, hat es bis zum vierten Semester meines Masterstudiums der Angewandten Sexualwissenschaft gedauert, um diesen Wunsch umzusetzen. Im Rahmen der dort vorgesehenen Werkstatt war es möglich, eine gewisse Zeit praktische Erfahrungen zu sammeln. Auch wenn ein Praktikum oder ein Auslandsaufenthalt nicht verpflichtend war, wollte ich diese Gelegenheit nutzen und meinem lang gehegten Wunsch nachgehen. Dass ich am Ende ein Praktikum bei Prof. Rusi Jaspal an der University of Brighton gemacht habe, war mehr Zufall als geplant.

Im Jahr 2021 habe ich bei einem Vortrag von Prof. Jaspal teilgenommen. Ich war davon sehr beeindruckt und beschloss daraufhin, ihm eine E-Mail zu schreiben und nach einem Forschungspraktikum zu fragen. Ungläubig schaute ich einige Zeit später in mein Postfach, als auf meine Anfrage mit großem Interesse und Zuspruch geantwortet wurde. Nach zahlreichen Rücksprachen mit meiner Arbeitsstelle, der Studiengangsleitung und weiteren organisatorischen Erledigungen kam es schließlich dazu, dass ich von August bis Oktober 2023 mein Praktikum absolvierte.

 

Masterstudent Udo am Strand zwischen Brighton und Hove

Sex, Satisfaction and Science

Innerhalb des Praktikums habe ich gemeinsam mit Prof. Jaspal eine quantitative Forschung zum Thema Sexuelle Zufriedenheit von cis Männern entwickelt. Dabei wurde ich Schritt für Schritt in die Forschungspraxis eingeführt. Größtenteils in Eigenarbeit habe ich einen Fragebogen erstellt, mich in psychologische Theorien eingearbeitet, die Vorbereitungen für die Ethikkommission getroffen und mir statistisches Wissen und den Umgang mit dem Tool SPSS angeeignet.

In dem gesamten Forschungsprozess wurde ich von Prof. Jaspal ausführlich angeleitet und unterstützt. Hierzu haben wir uns zweimal in der Woche auf dem Campus der Universität oder digital getroffen und den aktuellen Stand sowie die nächsten Schritte besprochen. Besonders in Erinnerung bleibt mir der Austausch über gelesene Artikel und die gezogenen Vergleiche zwischen Großbritannien und Deutschland. Ein Vorteil dieser Treffen war zudem, dass mich Prof. Jaspal mit anderen Wissenschaftler*innen vernetzt hat und ich so auch in Austausch mit anderen Personen treten konnte, die im gleichen Feld forschen. Dabei war es sehr spannend und ertragreich zu sehen, wie die Forschung außerhalb Deutschlands abläuft.

 

 

 

 

 

 

 

Durch die Arbeits- und Herangehensweise, aber auch durch die Vernetzung, konnte ich mir zahlreiche Fähigkeiten aneignen und Kontakte knüpfen, die mir in zukünftigen Forschungsvorhaben weiterhelfen werden. Da alles in Englisch besprochen, recherchiert und geschrieben wurde, habe ich ganz nebenbei noch meine Sprachkenntnisse verbessern können. Ein Mehrwert auf vielen Ebenen!

 

The Bright(on) side of life

Brighton gilt als „Gay Capital“ von Großbritannien. So gab es hier u.a. die erste Schwulenbar auf der britischen Insel. Das hatte zur Folge, dass in Brighton eine große LGBTQ+ Community entstand und auch heute noch existiert. Neben dem Befassen mit Theorien rund um die sexuelle Zufriedenheit konnte ich daher auch das queere Leben der Stadt genießen: im queeren Pub um die Ecke, beim Badminton in einer queeren Sportgruppe oder bei der berüchtigten Brighton Pride. Da ich fast die ganze Zeit während der Semesterferien an der Universität war, konnte ich dort leider nur einzelne Kontakte knüpfen. Um so schöner war es deshalb, über diesen Weg neue Menschen kennenzulernen und von der Community mit offenen Armen empfangen worden zu sein.

 

 

 

 

 

 

Strandpromenade bei Sonnenuntergang

St.James Street zur Brighton Pride

Neben der queeren Community hat Brighton auch viele andere Dinge zu bieten. Zum Beispiel laden die schöne Strandpromenade und das Zentrum sowie die umliegenden Nationalparks zu ausgiebigen Spaziergängen ein. So habe ich im Indian Summer die Stadt und die Umgebung zu Fuß oder auf meinem Fahrrad erkundet. An Tagen, an denen ich mich nicht viel bewegen wollte, verbrachte ich einige sonnige und warme Nachmittage am Strand. Wenn das Wetter dann doch mal typisch britisch war, blieb es bei klassischem Roast Dinner in der WG. Dort habe ich dann mit meiner Mitbewohnerin und ihren Freund*innen über die Widrigkeiten des britischen Lebens oder die Skurrilitäten britischer und deutscher Kultur philosophiert. Da Brighton nur eine Stunde von London entfernt ist, bietet es sich auch an, in die Hauptstadt zu fahren. Insgesamt war ich dreimal in London. Dort besuchte ich u.a. das Tate Modern, streifte nachts durch Soho oder spazierte an der Themse entlang. Es gab also in den gesamten drei Monaten neben dem Praktikum eine Menge zu unternehmen. Langweilig ist es nur selten geworden.

 

I belong at Brighton

Leider ist meine Zeit in Brighton schon vorbei, allerdings ist es die Forschung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Bis zum Abschluss und der Veröffentlichung der Ergebnisse wird sie mich auch noch ein bisschen begleiten. Unabhängig von den neuen Erkenntnissen, die die Forschung mit sich bringen wird, durfte ich viele neue Erfahrungen sammeln und mich selbst ein bisschen besser kennenlernen. Dabei ist mir durch das Praktikum klar geworden, dass ich perspektivisch gerne in der Forschung und Wissenschaft tätig sein möchte. Eine Promotion nach dem Abschluss meines Masters wäre ein guter erster Schritt – vielleicht ja in Großbritannien. Das Handwerkszeug dazu habe ich an die Hand bekommen. I belong at Brighton – bis bald!

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