BOM DIA, TUDO BEM? – AUSLANDSJAHR IN BRASILIEN

07.05.2019, @ HoMe

Schon vor meinem Studienbeginn im Oktober 2015 stand für mich fest, dass ich während meines BWL-Studiums an der Hochschule Merseburg ein Auslandssemester absolvieren will. Das „Reisefieber“ und die Lust, neue Erfahrungen zu sammeln und andere Kulturen kennenzulernen, hatte mich spätestens 2013 gepackt, als ich erstmals für zwölf Wochen alleine im Ausland on Tour war.

Im dritten Semester befasste ich mich intensiver mit den vielfältigen Austauschangeboten der Hochschule. Mir hatte es vor allem China angetan. Brasilien kam erst in einem persönlichen Beratungsgespräch in die engere Auswahl. Die phänomenalen TV-Bilder von der Fußball-WM 2016 gaben schlussendlich den entscheidenden Ausschlag. Ein weiteres Plus des Brasilienprojekts war aus meiner Sicht, dass es über zwei Semester angelegt ist und sich nicht wie an den meisten anderen Partneruniversitäten auf ein Semester beschränkt.

In Brasilien studierte ich an der Partneruniversität „Universidade do Estado de Santa Catarina“ (UDESC) auf der Insel Florianópolis im Süden des Landes. Dort belegte ich neben einem Portugiesisch-Sprachkurs vier englischsprachige Kurse, die äquivalent zu den Wahlpflichtfächern in Merseburg waren. Somit war die Anrechnung der in Brasilien erbrachten Studienleistungen kein Problem. Das Niveau der Vorlesungen war für jeden, der einigermaßen fit in Englisch ist, angenehm. Bei über 30 Studierenden aus sieben Ländern, aus verschiedenen Fachrichtungen sowie mit unterschiedlichen Vorkenntnissen ging es thematisch nicht so sehr in die Tiefe. Viele Themen wurden nur inhaltlich angeschnitten.

Meine Freizeitaktivitäten kamen natürlich nicht zu kurz, auch weil die Vorlesungen meist nachmittags waren und das Wochenende schon Donnerstagabend begann.

Im zweiten Teil des Auslandsjahres habe ich mein Pflichtpraktikum bei einem brasilianischen, global tätigen Unternehmen absolviert, welches unter anderem Elektromotoren, Solarpanels und Windräder produziert. Es war eine große Umstellung zum Studentenleben in den Monaten davor und nicht vergleichbar mit dem mir aus Deutschland bekannten Arbeitsalltag. In Brasilien ist es üblich, knapp 45 Stunden die Woche zu arbeiten bei einer Pause am Tag von 60 Minuten. Meine

Aufgaben waren allerdings ziemlich abwechslungsreich. Übersetzungen ins Deutsche, Gesellschafterprotokolle kontrollieren bis hin zur Vorbereitung von Verträgen und dem Aufbereiten von Steuerberichten der über 40 Tochterunternehmen weltweit gehörten zu meinen täglichen Aufgaben. Bemerkenswert günstig war das tägliche Mittagsbuffet für umgerechnet rund 41 Cent.

Nach 13 Monaten ging mein abenteuerliches Jahr in Brasilien zu Ende. Die Highlights schlechthin waren definitiv Silvester an der Copacabana und der Karneval in Rio de Janeiro. Aber auch der Ausflug zum UNESCO Weltnaturerbe „Foz do Iguaçu“ war unbeschreiblich. Darüber hinaus weiß ich jetzt, dass es in Brasilien verdammt kalt werden kann und sogar Minustemperaturen nicht vollkommen ungewöhnlich sind. Beeindruckt hat mich, dass in einigen Städten, die zu Zeiten des 2. Weltkriegs bei deutschen Emigranten besonders beliebt waren, noch immer versucht wird, deutsche Traditionen wie das Oktoberfest (drittgrößtes der Welt), den Stammtisch oder den Osterbaum zu bewahren.

Kurios und nicht vergleichbar mit Deutschland war die Erfahrung, als es aufgrund eines Trucker-Streiks kein Benzin mehr gab, Supermärkte und andere Unternehmen vorübergehend schließen mussten und Lebensmittel rationiert wurden.

Mit einem halben Jahr Abstand bleiben viele positive Erinnerungen, die brasilianische Musikrichtung Funk und der Wunsch, eines Tages nach Brasilien für einen ausgedehnteren Urlaub zurückzukehren. Insgesamt kann ich jeden nur dazu ermutigen, ein Auslandssemester einzulegen. Es muss ja nicht Brasilien sein und auch nicht gleich ein ganzes Jahr – aber nehmt diese Chance unbedingt wahr!

Von René Marzinzik

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