Tina Fuhrmann hat die interdisziplinär zusammengesetzte Jury des Stifterverbandes mit ihrem Projekt „pheel@HoMe“ überzeugt und ein Fellowship für Innovationen in der Hochschullehre verliehen bekommen. Aus insgesamt 179 Bewerbungen wurden 17 Konzepte ausgewählt und prämiert.
Tina Fuhrmann ist an der Hochschule Merseburg als Lehrkraft für besondere Aufgaben für Mathematik und Physik tätig. Als Lehrende ist es ihr ein besonderes Anliegen, junge Studierende beim Einstieg in das Ingenieurstudium zu unterstützen.
Ihr Projekt "pheel@HoMe" will Neugier an der Physik wecken, Studierende eine positive Fehlerkultur erleben lassen, Brücken zwischen Schule oder Ausbildung und Studium bauen und so langfristig Motivation schaffen.
Frau Fuhrmann, was hat Sie ermutigt, sich für ein Fellowship zu bewerben?
Im Vorfeld des Bewerbungsprozesses habe ich das Projekt schon Kollegen anderer Hochschulen vorgestellt, die selbst Lehrprojekte durchgeführt haben oder im Bereich der Hochschuldidaktik forschen. Immer habe ich positive und motivierende Rückmeldungen erhalten und, worüber ich mich besonders gefreut habe, Unterstützung angeboten bekommen. Allein sind solche Projekte nicht zu stemmen.
Was war und ist Ihre persönliche Motivation für das Projekt?
Es macht mir unheimlich viel Freude, zu lehren.
Zum einen liebe ich die Physik sehr und bin nach wie vor neugierig wie ein Kind. Diese Begeisterung möchte ich gern an Studierende weitergeben. Für mich gehört es zu den schönsten Momenten, wenn Studierende „aha“-Erlebnisse haben. Damit es möglichst viele davon gibt, möchte ich sie in den Vorlesungen, Übungen und Praktika ganz aktiv einbinden. Wir wollen viel diskutieren, erläutern, begründen und selber erleben - das bringt am Ende nicht nur Wissen und gute Noten, sondern macht auch allen Beteiligten mehr Spaß.
Es ist schön, dass bei uns Studierende mit ganz unterschiedlichem Background anfangen - manche mit und manche ohne Abitur, manche haben schon Berufserfahrung und nicht wenige kommen aus anderen Ländern zu uns. Durch die Umgestaltung der Lehre habe ich in Zukunft mehr Möglichkeiten, Studierende besser zu unterstützen und „Brücken zu bauen“. Außerdem können sie so ihre jeweiligen Erfahrungen besser mit einbringen und direkt an ihr Vorwissen anknüpfen.
Und dann gehört zum Fellowship auch, dass Fellows die Möglichkeit bekommen, sich miteinander auszutauschen und zu vernetzen. Auf diesen Austausch freue ich mich sehr.
Was ist das Besondere an „pheel@HoMe“?
Wo sonst kann man so nah an die Physik ran?
Das Motto ist „Physik ergründen und erleben“. Studierende sollen erleben, wo überall Physik drinsteckt, anhand praktischer Beispiele hautnah erleben und sich ausprobieren. Sie sollen sehen, dass Fehler im Lernprozess dazugehören und etwas Gutes sind.
Das ganze Modul soll sehr interaktiv gestaltet sein.
Gleichzeitig haben wir aber auch ein großes Projekt, in dem wir die Vorlesungen und Übungen umgestalten wollen. Damit alles Hand in Hand geht, also damit Vorlesungen, Übungen und Praktika ineinandergreifen, ist es notwendig, auch das Praktikum umzugestalten. Das passiert im Projekt „pheel@HoMe“.
Zum neuen Praktikumskonzept könnten interaktive Praktikumsvorlesungen gehören, freiere Praktikumsversuche und die Nutzung von Simulationen und geeigneten Onlineversuchen. Wir wollen nicht nur Grundlagen und die Notwendigkeiten guter wissenschaftlicher Praxis vermitteln, sondern auch wichtige Kompetenzen des Experimentierens, die alle Ingenieure brauchen.
Wie geht es mit dem Projekt weiter? Was sind die nächsten Schritte?
Ab Februar bekomme ich Unterstützung durch einen weiteren Mitarbeiter. Das freut mich sehr und bringt auch das Projekt „pheel@HoMe“ voran.
Da das Sommersemester hybrid laufen wird, werden wir erst einmal schauen müssen, was umsetzbar sein wird. Das ist ja alles doch etwas anders, als zu „normalen“ Zeiten. Geplant ist, die beiden Physikmodule so umzugestalten, dass die Studierenden in allen Bereichen mehr einbezogen werden und Anpassungen am Praktikum vorzunehmen.
Haben Sie Tipps für die Studierenden, um in der nicht immer einfachen Zeit der Onlinelehre die Motivation und den Fokus nicht zu verlieren?
Der Tipp gilt eigentlich immer: Suchen Sie sich Lerngruppen, um sich auszutauschen, Aufgaben gemeinsam zu bearbeiten und sich gegenseitig zu motivieren! Irgendwas zwischen zwei und zehn Leuten vielleicht. Das ist unter den derzeitigen Umständen natürlich recht schwierig - aber trauen Sie sich! Sie müssen sich nicht allein durch das Studium kämpfen - auch in diesen Zeiten nicht.
Wollen Sie den Studierenden noch etwas mit auf den Weg geben?
Viel zu viel. Vielleicht das Wichtigste: Sie schaffen das!
Wenn Sie es wollen und sich dahinterklemmen, dann werden Sie das Studium auch schaffen! Es ist nicht leicht - für niemanden. Und für manche ist es noch schwerer als für andere, weil sie ohne Abitur studieren, Kinder haben, die Sprache noch nicht so gut beherrschen, der Nebenjob anstrengend ist oder sie der oder die Erste sind, die in der Familie studiert. Sie werden das schaffen! Nicht nur ich, auch die anderen Dozentinnen und Dozenten unterstützen Sie gern bei Ihrem Studium. Trauen Sie sich, nach Hilfe zu fragen. Und seien Sie stolz auf alles, was Sie schon geschafft haben!