Ein zukunftsweisendes, langfristig angelegtes Projekt ist die Entwicklung des Campus an der Hochschule Merseburg. Im letzten Jahr wurde der Prozess angestoßen, ein Zukunftsbild für den Campus der Hochschule Merseburg zu erarbeiten. Im Rahmen der Zukunftswerkstatt „Campusentwicklung HoMe 2030“ haben sich das Rektorat sowie Vertreter*innen der Fachbereiche, der Verwaltung, studentischer Gremien und externe Partner dieser Frage gemeinsam gestellt. Dabei wurden Bedarfe und Wünsche formuliert, Ideen eingebracht und Möglichkeiten der Umsetzung besprochen. Die Präsentation mit den Ergebnissen und den Vorschlägen der Agentur zur Campusentwicklung können Sie hier einsehen.
Frau Dr. Ranft, warum ist das Thema Campusentwicklung überhaupt bedeutsam? Warum ist das Thema so wichtig?
Unser Campus ist doch grün, weitläufig und trotzdem ist alles fußläufig zu erreichen und bietet auf den ersten Blick viel Platz.
Ja, das ist richtig, aber um diesen Platz auch mit Leben zu füllen, ist es wichtig, die vorhandene Fläche für uns bedarfsgerecht zu gestalten. Dabei ist es allerdings vorab bedeutsam, mehr über die Interessen und Ideen der Hochschulangehörigen zu erfahren und nach fachlicher Unterstützung von Stadt- und Regionalentwicklern sowie Architekten diese Ideen in einem Leitbild festzulegen und entsprechend zu planen und möglichst umzusetzen.
Außerdem steht der Campus nicht völlig autark da, sondern er ist in vielfältiger Weise mit der Region vernetzt und kann dadurch Impulse setzen. Um uns herum bewegt sich einiges. So soll zwischen Campusgelände und dem Chemiemuseum beispielsweise der MerInnoCampus der Stadt Merseburg entstehen. Dafür gibt es konkrete Vorschläge zur Ansiedlung von z.B. hochschulnahen Wirtschaftsunternehmen und einem Digitalisierungszentrum. Zudem ist ein Pfeiler des MerInnoCampus das Innovative Transfer- und Anwenderzentrum Merseburg (ITAM). Ziel des ITAM ist es, innovative Produkte, Verfahren und Technologien zu entwickeln sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze für die Region zu schaffen. Im ITAM sollen letztendlich transferrelevante Bereiche aus der Forschung gebündelt werden, um den Transfer des Wissens in die Praxis zu beschleunigen. Außerdem gibt es mit dem Carl-von-Basedow-Klinikum Pläne, auf dem Campus das klinikeigene Ausbildungszentrum zu errichten. Die Stadt Merseburg überlegt außerdem, über das Campusgelände einen Radweg zum Geiseltalsee zu führen und ggf. mit dem unmittelbar am Campusgelände entlanglaufenden Jakobsweg zu verbinden. Stadt und Hochschule sollen so näher aneinanderrücken.
Nicht zu vergessen ist, dass wir mit der Campusgestaltung und -umgestaltung attraktiver für Studierende und Mitarbeitende werden wollen. Man möchte sich doch schließlich an dem Ort wohlfühlen, wo man einen großen Teil seiner Zeit verbringt – zumindest wenn die Pandemie wieder vorbei ist. Das ist als Hochschule unser Anspruch und dazu wollen wir einen Beitrag leisten.
Mittels eines zweitägigen Workshops, einer Onlineumfrage und der vor Ort stattfindenden Planungswerkstatt wurden Mitarbeitende, Studierende und Partner der Hochschule in den Prozess der Campusentwicklung mit einbezogen.
Was ist den unterschiedlichen Gruppen (Mitarbeitenden, Studierenden, externe Anspruchsgruppen) besonders wichtig? Wo sehen sie Stärken, auf denen aufgebaut werden kann und die es auszubauen gilt und welche Schwächen haben sie ausgemacht?
Positiv hervorgehoben wurden von den Hochschulangehörigen u.a. die Interdisziplinarität der Lehre, die kurzen Kommunikationswege, der „grüne“ Campus sowie die Möglichkeit der Kinderbetreuung vor Ort. Als Schwächen wurden beispielsweise Mobilitätsdefizite (Randlage, Verkehrsanbindung), die einseitige Verbindung zur Stadt Merseburg und fehlende repräsentative Orte für Besucher*innen ausgemacht.
Kooperationspartner haben die Bedeutung der Hochschule für die Ausbildung von Fachkräften hervorgehoben und die Relevanz als Standortfaktor für die Stadt Merseburg unterstrichen. Als Schwäche wurden das ungenutzte Potential des Campus als öffentliche Fläche sowie die fehlenden Angebote für Bürger*innen und z.B. Alumni ausgemacht.
Das bedeutet für uns, dass wir zusätzliche Erholungs- und Lernmöglichkeiten auf dem Campus schaffen, die Aufenthaltsqualität insgesamt steigern und die Hochschule sichtbarer und für Öffentlichkeit zugänglicher machen müssen.
Das zur Hochschule Merseburg gehörende Areal ist riesig und umfasst 200.000 m² - das entspricht in etwa 28 Fußballfeldern. Außerdem haben beispielsweise diverse Rückbau- und Umnutzungsmaßnahmenhaben in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Gebäude und Freiflächen nicht mehr in räumlich wirksamen Bezügen zueinander stehen.
Wie kann das Areal besser genutzt werden, sodass Gebäude und Freiflächen wieder zusammenfinden?
Besonders spannend war für mich im Laufe der Workshop-Diskussionen das Ergebnis der sog. „Zonierung“ des Geländes. Dabei wurden sieben Teilräume definiert: Lehre, Studentenschaft, Wirtschaft, Forschung, Sport und Soziales, Wohnen, Park.
Auch wenn sich das nun trennend anhört, so gehen die einzelnen Bereiche auf dem Gelände dann doch ineinander über. Insbesondere sollen zukünftig die Bereiche Studentenschaft und Lehre als Zentrum der Hochschule im Bereich Mensa – Liegenschaftsgebäude – Haus der Studierenden – Forschungsgebäude angelegt werden, sodass hier das Herz der Hochschule schlägt. Dafür ist planerisch empfohlen, den Innenhof des Hauptgebäudes mit diesem Bereich mittels eines Durchbruchs zu verbinden. Ziel dieser Maßnahmen soll es sein, deutlich mehr studentisches Leben zu ermöglichen und sichtbarer zu machen.
Dabei soll die Verbindung zu den am Rande liegenden Gebäuden oder Anliegern immer im Blick behalten und gestärkt werden, so die Verbindung zwischen Wirtschaft und Forschung in Richtung des geplanten MerInnoCampus.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind kurzfristig und langfristig angelegt und können getrennt voneinander und zeitversetzt umgesetzt werden.
Können Sie bereits sagen, was kurzfristig umgesetzt werden soll und was mehr Zeit in Anspruch nimmt?
Für 2021 sind die Errichtung eines “grünen“ Seminarraums, eines „Trimm-dich Pfades“ (Outdoor-Fitnessparcour) hinter dem Gartenhaus anvisiert. Außerdem soll die Außenfläche der Mensa mit weiteren Sitzgelegenheiten und Pflanzkübeln bestückt werden. Daran wird mit Hochdruck gearbeitet.
Bedeutend mehr Zeit in Anspruch nehmen werden z.B. die Aufwertung der Haupteingangssituation und des Innenhofes.
Frau Dr. Ranft, zum Schluss würde mich noch interessieren, was Ihnen besonders wichtig ist, bzw. welche Maßnahme Ihnen besonders am Herzen liegt?
Ein besonderes Anliegen ist mir die Aufwertung des Außenraums für Outdooraktivitäten und –lehre. Daher starten wir mit der Planung der „Grünen Klassenzimmer“ und der Errichtung eines Outdoor-Fitnessparcours. Wichtig ist mir auch, einige Artefakte des Chemiemuseums auf dem Campus einzubinden, denn das Chemiemuseum soll nach dem Willen des Senats aufrechterhalten werden und dann müssen wir dafür auch dessen Arbeit und Außenbild unterstützen.
Sicherlich ist es dem einen oder anderen aufgefallen, dass in diesem Jahr Frühblüher an verschiedenen Stellen an der Hochschule für gute Laune gesorgt haben. Eine erste und kleine Maßnahme, das Gelände der Hochschule aufzuwerten, zu begrünen und für Farbtupfer zu sorgen, ist es allemal.
Insgesamt haben alle Maßnahmen letztendlich das Ziel und stehen unter der Prämisse, die Bedingungen für Mitarbeitende und Studierende weiter zu verbessern und dafür zu sorgen, dass sie sich während der Arbeitszeit und Studienzeit wohl- und gut aufgehoben fühlen. Darüber hinaus sollen auch Plätze geschaffen werden, die zum Verweilen und zum Austausch während der Freizeit einladen.
Wird es weiterhin Möglichkeiten geben, sich an der Entwicklung des Campus mit Ideen, Vorschlägen etc. zu beteiligen?
Das Leitbild ist keinesfalls statisch, sondern muss gegenüber Veränderungen unserer Umgebung oder neuen Anforderungen offen sein. Daher ist geplant, alle 2- 3 Jahre Workshops durchzuführen, um abzugleichen, ob unser Leitbild noch „passt“ oder es neue Anforderungen oder Ideen gibt, die neu integriert werden sollten.