Wie können wir die interne und externe Kommunikation an der Hochschule Merseburg in Zukunft gestalten? Dieser Frage widmet sich seit April 2020 Projektmitarbeiterin Anne Schwerin. Das neue Kommunikationskonzept wird bereits mit Spannung erwartet. Im Interview gibt Anne Schwerin erste Einblicke zu den Zwischenergebnissen ihrer Arbeit.
Frau Schwerin, die aktuelle Situation stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wir wirkt sich die Corona-Krise auf ihre Arbeit am Kommunikationskonzept aus?
Glücklicherweise gehöre ich zu denjenigen, die ihre Aufgaben relativ ortsunabhängig erledigen können. In den vergangenen Monaten habe ich viele Interviews mit Hochschulangehörigen durchgeführt, um genau zu verstehen, wie verschiedene Kommunikationsprozesse funktionieren und wo die größten Baustellen sind. Das klappt auf BigBlueButton fast ebenso gut wie vor Ort.
Gleichzeitig erleben wir gerade alle, dass die aktuelle Situation große Auswirkungen auf unsere Kommunikation und das Miteinander an der Hochschule hat. Zunächst bin ich noch davon ausgegangen, ein Konzept für den normalen Hochschulalltag nach der Krise erstellen zu können. Inzwischen ist klar: Bis dahin können viele Monate, wenn nicht gar mehrere Jahre vergehen. Für mich bedeutet das eine große Herausforderung. Das Konzept muss in der Normalität ebenso wie im Ausnahmezustand funktionieren.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Schritte, um unserer Hochschulkommunikation trotz der durch die Corona-Pandemie schwierigen Situation eine positive Richtung zu geben?
Erst gestern bin ich über ein interessantes Zitat von Peter Drucker gestolpert: „Culture eats strategy for breakfast“. Mit anderen Worten, das schönste Kommunikationskonzept nützt wenig, wenn es auf eine Hochschulkultur trifft, in der es keine Unterstützung erfährt.
Persönliche Motivation, die zukünftigen Maßnahmen mitzutragen oder sogar mitzugestalten, lässt sich aber nicht von oben verordnen. Gerade nicht in einer Hochschule mit vielen dezentralen Kommunikator*innen und vergleichsweise unabhängigen Akteur*innen in der Forschung und Lehre. Sie kann nur geschaffen werden, indem wir für die Menschen an der Hochschule erlebbar machen, dass es sich für sie ganz persönlich lohnt, stärker in den Austausch miteinander zu treten.
Wir brauchen deshalb Formate, die den Arbeitsalltag tatsächlich erleichtern, die Zugänglichkeit und Teilhabe spürbar verbessern und die Prozesse beschleunigen. Ebenso wichtig sind Maßnahmen, die das Wohlbefinden jedes Einzelnen sowie unser Miteinander stärken, die Sinn und Identifikation mit der Hochschule Merseburg stiften.
Wie können wir uns solche Formate ganz praktisch vorstellen?
Aktuell plane ich Maßnahmen und erarbeite Vorschläge für fünf Bereiche: Kommunikationskoordination, Redaktion, Veranstaltungen, Technologie und Orte. In Hinblick auf die Koordination von Kommunikation ist es aus meiner Sicht ganz wichtig, dass die Zentrale Einrichtung HMK die Interaktion zwischen allen anderen Bereichen der Hochschule noch intensiver fördert.
Zukünftig könnten die HMK-Mitarbeiter*innen nicht nur zentrale Dienstleister*innen, sondern auch Brückenbauer*innen sein, z. B. indem sie regelmäßig und gezielt auf die Fachbereiche, einzelne Abteilungen wie das International Office oder das Hochschulsportzentrum und studentische Gremien zugehen, um deren Anliegen multimedial mitten in die Hochschulgemeinschaft hineinzutragen. Oder indem sie gemeinschafts- und dialogfördernde Veranstaltungen organisieren, genauso wie Formate, die externe Stakeholder wie Politiker*innen und Unternehmer*innen einbeziehen. Bei der Profilbildung in diese Richtung und der Umsetzung ist das Team natürlich auf die Unterstützung der Hochschulleitung und der Kolleg*innen angewiesen.
Zudem plane ich eine zentrale, niedrigschwellige „Feedbackstelle“, an die sich alle Hochschulmitglieder mit Problemen und Sorgen ebenso wie mit Wünschen und Ideen wenden können, damit wir das Leben an der Hochschule zukünftig noch stärker gemeinsam gestalten.
Was hat Sie bei Ihrer Arbeit am Konzept bisher am meisten überrascht?
Oh, es gibt immer wieder schöne und weniger schöne Überraschungsmomente (lacht). Überrascht hat mich auf jeden Fall, mit wie viel Offenheit die Menschen mir von den Herausforderungen ihres Studien- und Arbeitsalltags berichten und wie groß die Bereitschaft für Veränderungen ist.
Zudem finde ich es immer wieder beeindruckend, wie kompetent und kreativ unsere Studis sich z. B. am Hochschulinformationstag oder bei der Arbeit an unserem neuesten Imagefilm in die Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen einbringen.
Für mich als Texterin und Fotografin, die in den vergangenen Jahren viel in der Startup-Welt unterwegs war, sind natürlich auch die komplexen, oft langwierigen Entscheidungsprozesse gewissermaßen überraschend. In der Corona-Zeit hat sich aber gezeigt, dass manches durchaus schneller und unkomplizierter funktioniert. Deshalb bin ich fest überzeugt, dass wir in puncto Kommunikation im kommenden Jahr gemeinsam einiges in Gang setzen können.
Wie kann jede*r Einzelne jetzt schon dazu beitragen, die Kommunikation zu verbessern?
Im Studien- und Arbeitsalltag sind wir alle sehr eingespannt oder gar gestresst. Ich erlebe bei meinen Interviewpartner*innen oft, dass sie sich mehr Austausch oder einen anderen Umgang miteinander wünschen, aber erwarten, dass andere den ersten Schritt gehen bzw. die Sache für sie regeln. Mein Appell an alle ist: Zögern Sie nicht, bis Ihr Gegenüber auf Sie zukommt, sondern nehmen Sie Ihre Anliegen selbst in die Hand. Informieren Sie lieber einmal öfter oder genauer, haken Sie nach, wenn es Fragen, Unsicherheiten oder Ärgernisse gibt. Leben Sie selbst vor, wie Kommunikation bzw. das Miteinander an der Hochschule aus Ihrer Sicht gestaltet sein sollte.
Wenn alle, denen unsere Hochschulkommunikation am Herzen liegt, in ihrem persönlichen Umfeld kleine Schritte unternehmen, können wir gemeinsam bereits viel erreichen.