Sexuelle Bildung wird im Schulalltag zu wenig beachtet

23.11.2020, Zentraler Beitrag

Sexuelle Bildung und Prävention von sexualisierter Gewalt finden einer Studie der Universität Leipzig und der Hochschule Merseburg zufolge in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften und im schulischen Alltag viel zu wenig Beachtung. Die kaum vorhandenen Angebote beschränken sich in erster Linie auf biologische Aspekte von Sexualität und die Wissensvermittlung zu Verhütungsfragen, wie eine große, bundesweite Erhebung im Rahmen des im Februar 2018 gestarteten Forschungsprojekts „Sexuelle Bildung für das Lehramt“ (SeBiLe) ergab. Am 16. November stellten die Projektleiter Prof. Dr. Barbara Drinck von der Universität Leipzig und Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß von der Hochschule Merseburg die Ergebnisse der zum Jahresende auslaufenden Studie vor. Sie präsentierten ein Curriculum, wie Lehrkräfte in diesen Themenbereichen aus-, fort- und weitergebildet werden sollen. 

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt SeBiLe zielte darauf ab, empirische Leerstellen zu schließen und die Aus- und Fortbildungsbedarfe von Lehramtsstudierenden sowie im Schulbetrieb tätigen Lehrkräften in den Bereichen sexuelle Bildung und Prävention von sexualisierter Gewalt zu erheben. In einer Online-Befragung wurden insgesamt 2.771 Studierende auf Lehramt, Personen im Referendariat und schulisch tätige Lehrkräfte erreicht, wovon 1.866 vollständig ausgefüllte Fragebögen in die Auswertung eingingen. „Damit ist die vorliegende Erhebung in Umfang und Ausmaß die erste ihrer Art und liefert wichtige und vor allem aktuelle Hinweise auf die Qualifizierungsstände von zukünftigen und aktiven Lehrkräften“, hob Prof. Dr. Voß von der Hochschule Merseburg hervor.

Im Rahmen von SeBiLe wurden außerdem aus einer großen bundesweiten Erhebung, die im Rahmen des SeBiLe-Forschungsprojekts durchgeführt worden war, repräsentative landesspezifische Ergebnisse für die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt vorgestellt. Befragt wurden dabei Lehrkräfte und Lehramtsstudierende.

 

Als zentrale Ableitungen ergeben sich:

  • Der Bedarf ist groß: Bislang gibt es kaum Angebote zu Sexueller Bildung und zur Prävention von sexualisierter Gewalt in der Aus-, Fort- und Weiterbildung.
     
  • Rund 70 % der Lehrkräfte haben Schwierigkeiten, passende Fortbildungen zu Themen der Sexuellen Bildung und zur Prävention sexualisierter Gewalt zu finden.
     
  • Die Mehrzahl der Lehrer*innen wünscht sich interaktive Fortbildungen mit Möglichkeiten, das Erlernte direkt zu erproben: Im kleinen Rahmen (unter 20 Teilnehmende), nachmittags unter der Woche, knapp die Hälfte will keine persönlichen Erfahrungen dabei teilen.

Aufbauend auf den ermittelten Bedarfen wurde ein Curriculum mit Inhalten sexueller Bildung und zur Prävention sexualisierter Gewalt für das Lehramtsstudium entwickelt, das aktuell an der Universität Leipzig in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern erprobt und evaluiert wird. „Perspektivisch soll das Curriculum Pilotwirkung haben und bundesweit für andere Universitäten einsetzbar werden“, erklärte Voß. Es umfasst insgesamt 15 Module, beginnend bei einer Einführung zum Thema Sexualität, zu sexuellen Rechten und sexueller Bildung, über die Themen Sexualität und Behinderung, die Kommunikation sexueller Themen im Unterricht bis hin zu sexuellen Ausdrucksformen im Schulalltag, der facettenreichen Thematik sexualisierte Gewalt und einem Theaterstück „Mein Körper gehört mir“.

 

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