Schleswig 2014

Kunstreise nach Schleswig
2015

Kunstreise - Expressionismus im Norden: Emil Nolde und Ernst Ludwig Kirchner

Eine Kunstreise als Lehrveranstaltung mit Studierenden als integrativer Bestandteil des Studiums macht u.a. a. die Einzigartigkeit des Studiengangs Kultur- und Medienpädagogik aus. Bekannte Reisen von Künstlern, Wirkungsstätten und Motive sind Ziele der Kunstreisen. Die Expressionisten der Brücke waren auf der Suche nach dem „Paradies“, dem Ursprünglichen der Kunst. Emil Nolde fand sein Paradies in Seebüll an der Nordsee, Kirchner auf der Ostseeinsel Fehmarn.

Orte des Schaffens

Wir haben die Orte des Schaffens besucht: Seebüll, Husum, Flensburg und einen Abstecher zu Noldes Brücke-Kollegen Ernst Ludwig Kirchner nach Fehmarn unternommen. Mit den Werken und den Orten der beiden Expressionisten haben sich die Studierenden künstlerisch auseinandergesetzt. Entstanden sind beeindruckende Arbeiten: Malereien, Zeichnungen und Fotografien, die den Expressionismus im Norden neu interpretieren, sowie ein Audio-Feature zur Kunstreise.

Seebüll und Emil Nolde

Insel im Grünen

Wie eine „Insel im Grünen“ entdeckt der Anreisende das auf einem Hügel einsam stehende expressionistische Wohn- und Atelierhaus Emil Noldes in Seebüll. Daneben ducken sich zwei moderne Funktionsgebäude mit Gaststätte, Ausstellung zu Noldes Leben, Museumsshop und Sitz der Nolde-Stiftung. Alles sehr  sachlich und zweckentsprechend. Verspielt lädt dagegen der von Emil Nolde selbst gestaltete und bepflanzte kleine Park und Garten zum Spazieren und Entdecken ein. Hier wachsen heute noch die Blumen, die für viele seiner farbintensiven Aquarelle als Vorlagen dienten. Im Haus schaut man durch eine Glastüre in Noldes Wohnzimmer. Klubsessel-Athmosphäre. Dumpf und ein wenig beklemmend. Und von außen kann man durch die Fenster auch in ein Schlafzimmerchen schauen. Das Atelier ist leider zum Ausstellungsraum umfunktioniert worden. Das große Atelierfenster gen Nordosten ist zugemauert, um an dieser Wand im Moment das religiöses Triptychon „Martyrium“ von 1921 zu präsentieren. Die „Ungemalten Bilder“ beeindrucken ob ihrer ursprünglichen Kraft, einer Ursprünglichkeit, der auch die zur Zeit gezeigte 58. Jahresausstellung gewidmet ist. Nach einer wortreichen Führung durch das Haus sind wir herzlich eingeladen im Garten zu verweilen.

Emil Nolde – einer der bekanntesten Expressionisten ist auch einer der eigenständigsten und eigenwilligsten Künstler des deutschen Expressionismus‘. Er ist kaum in irgendeine Kunstrichtung einzuzwängen. Zu vielseitig ist sein Schaffen, oft voller Gegensätze. Vielleicht ist es auch seine Herkunft aus der dänisch-deutschen Grenzregion, die ihn sein Deutschsein herauskehren ließ. Verheiratet war er über 50 Jahre mit einer dänischen Schauspielerin. Äußerlich betrachtet ein Widerspruch. Überhaupt entdeckt man, je intensiver man in das Leben und Werk Noldes eintaucht, viele Widersprüche. So ist sein Oszillieren zwischen Impressionismus, Neoimpressionismus und Expressionismus genauso wie sein Leben zwischen kleinbürgerlicher Idylle und dem Leben als Malerfürst.

Eigenwillig schien er zu sein, hat er sich doch mit allen in seiner Schaffenszeit hantierenden Avantgarden überworfen oder sich distanziert: mit der Berliner Sezession genauso wie mit den Brücke-Malern. Um Anerkennung ringend, erste Bekanntheit habend, sympathisiert Nolde mit dem aufkommenden Nationalsozialismus, wird aber dennoch von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert und mit Malverbot belegt. Siegfried Lenz verarbeitete dieses Geschehen in seinem Roman „Deutschstunde“, in dem der Maler Max Ludwig Nansen vom Dorfpolizisten überwacht wird. Ob Nolde tatsächlich in dieser Art überwacht wurde, ist nicht klar. Lenz kannte folglich Noldes Biografi e, die es natürlich nahe legt, dass Nolde, nachdem er nach dem zweiten Weltkrieg mit künstlerischer Anerkennung reichlich bedacht wurde, kritisch zu bewertende Äußerungen und Taten während der Nazizeit unangesprochen und unbeachtet zurück ließ. 
 

Nolde und die Brücke

Ursprünglichkeit

Nachdem Nolde mit der Brücke in Berührung kam und selbst viele Holzschnitte anfertigte, änderte sich sein Malstil zu einem dem cloisonnistischen Stil vergleichbaren, was sich u.a. in seinem Gemälde „Abendmahl“ von 1909 zeigt. Diese Holzschnittartigkeit, bei der Farbflächen dunkel konturiert werden, ist zum Merkmal aller Brücke-Maler geworden. Gerade in der Jahresausstellung zur „Ursprünglichkeit“ wird auch die stilistische Vielfalt in Noldes Schaffen deutlich, wobei die um 1900 gemalten Landschaften sowohl im Pinselduktus als auch in ihrer Farbigkeit an die Post- und Neoimpressionisten Frankreichs erinnern. Seine Bilder werden nach dem ersten Weltkrieg schwerer, erdiger und dunkler. Erst die Aquarelle in den 1950er Jahren scheinen an die Leichtigkeit der frühen Werke anzuknüpfen, wie es die Porträtfolge Jolanthe Noldes, seiner späten Liebe, zeigt. Um relativ großflächige Aquarelle malen zu können, benutze Nolde Aquarellfarben in größeren Gefäßen, die er in einer mit sich trug Tasche.

Katalog Schleswig Kunstreise

Katalog Kunstreise 2014

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