Vorgeschichte
Bereits seit Jahrzehnten unterstützt Shell den Eco-Marathon. Schüler und Studenten sparen mit ihren Ideen und Konstruktionen Energien und Ressourcen. Bei geringstem Einsatz an Energie sollen Fahrzeuge eine größtmögliche Strecke zurücklegen.
Die Initiative zur Teilnahme der Hochschule Merseburg ging zurück auf Prof. Dr. Krause vom Fachbeich INW. Ein Team von gerade mal sieben Studenten stellte sich erstmals im Jahr 2006 im französischen Nogaro dieser Herausforderung. Unser erstes Fahrzeug wurde von einem 1-Zylinder Hatz Kleindieselmotor B20 mit 243 cm³ Hubraum angetrieben. Das war für den Eco-Marathon nicht neu. Der Woody - als „Dickschiff“ komplett aus Holz gebaut – zog dennoch Blicke auf sich.
Zwei Wochen vor dem Wettbewerb war das Fahrzeug bei weitem noch nicht fertig. Der Antriebsstrang machte Probleme und die riesige Kabinenhaube wurde buchstäblich auf dem Weg nach Frankreich „mal noch eben schnell maßangefertigt und mit aufs Fahrzeug gelegt“. Zur technischen Abnahme sorgte sie für breites Schmunzeln unter den Inspektoren, denn hier gab‘s entgegen zu anderen Fahrzeugen wirklich keinen toten Sichtwinkel.
Nichts destotrotz, der Woody fuhr und brachte der Hochschule Merseburg einen für ihr Debüt guten 134. Platz mit umgerechneten 139 km pro 1 Liter Benzin. Für das Folgefahrzeug stand auch schon fest, der Blick sollte auf nachhaltigen Werkstoffen bleiben.
Die Geburt des Gegenkolbenmotors 2 cl alpha
Für die Teilnahme im Jahr 2007 kam es unter Teamleitung von BBL Student Julian Ziege zu einem Zusammenschluss mit Studenten der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Die Aufgaben des nun ca. 20-köpfigen Teams „Ecoemotion“ konnten somit symbiotisch und „fachgerecht“ auf Design- und Maschinenbaustudenten verteilt werden.
Die Halleschen Designer schufen die Fahrzeugzelle des „Zero7“ aus recyclingfähigem bzw. kompostierbarem Material. Die Merseburger Maschinenbauer entwickelten den Antrieb mit dem eigens dafür konstruierten 36 ccm 1-Zylinder 2-Takt Gegenkolbenmotor „2 cl alpha“.
Design sowie Motorkonzept beeindruckten die Juroren auf dem Eco-Marathon im Mai 2007 in Nogaro (Süd-Frankreich) so sehr, dass sie „Zero7“ gleich für drei Sonderpreise nominierten, den Disign Award, den Eco-Conception Award und den Technical Inovation Award. Leider glückte in diesem Jahr wegen Problemen an der gerade erst fertig gewordenen Antriebstechnik kein gültiger Wertungslauf.
Um zur Teilnahme 2008 den Gewinn der avisierten Sonderpreise für bestes Design, Ökologie und technischer Innovation zu ermöglichen, stand die Zuverlässigkeit der Technik an erster Stelle. Um nicht die „fast sicheren“ Preise für Design und Eco-Konzept zu riskieren wurde auf Redundanz durch einen Austauschmotor in Gestalt des renntypischen Motors Honda GX 35 gesetzt.
Der Gegenkolbenmotor sowie der Antriebstrang des „Zero8“ wurden in vielen Details verbessert, sodass in Nogaro einige Testrunden ohne technische Probleme absolviert wurden.
Dass am Ende die Preise (Design Award und Eco Design Award) mit dem Hondamotor (301 km mit 1 Liter Benzin) anstatt mit der Gegenkolbenmaschine eingefahren wurden, obwohl später in der heimischen Werkstatt ein völlig intakter 2 cl alpha diagnostiziert wurde, war wohl Ironie des Schicksals. Es bestätigte nur die Strategie eines Zweitantriebes und schmälerte nicht die Freude über den Erfolg.
Am 3. Februar 2009 war der 150. Geburtstag von Prof. Dr. Hugo Junkers, dem Vaters des Gegenkolbenmotors. Aus diesem Anlass wurde unsere Teilnahme am Shell Eco-Marathon im Jahr 2009 seiner Person und seinem Lebenswerk gewidmet. Die Testläufe verliefen gut, die Wertungsläufe nicht. So blieb es 2009 beim ideellen Preis: „highly recommanded for technical Innovation Award“.
Unsere Teilnahme am Shell Eco-Marathon 2010 war in doppelter Hinsicht von Erfolg gekrönt. Am 05. Mai fuhr unsere Fahrerin Lisa Grünhage die erste offizielle Wertung für den „2 cl alpha“. „Zero 10“ verbrauchte in gut 50 Minuten Fahrzeit 207,8 ml Benzin auf 25,6 km Strecke. Das sind 123 km mit einem Liter Benzin, bzw. ein Verbrauch von 0,812 Liter auf 100 km. Unser Team Ecoemotion erreichte Platz 78 der Gesamtwertung Prototyp und Platz 50 unter den Benzingetriebenen Fahrzeugen. Dabei war die Kilometerleistung sekundär gegenüber dem ersten komplett selbstgebauten Motor in Gegenkolbenbauart in der 70-jährigen Geschichte des Shell Eco-Marathons!
Zweiter Erfolg für 2010, war die Verleihung des Autodesk Design Award für das neue Fahrzeug „Nios“ des Teams „Hydrokultur“, einem Verbund der Hochschulen Burg Giebichenstein, Halle, der Hochschule Merseburg sowie der Technischen Universtität Chemnitz.
Im Jahr 2011, dem 5. „Lebensjahr“ des 2 cl alpha, unterstützten die Merseburger Professoren Knoll und Winz das Team Ecoemotion - vor allem auch finanziell. Endlich war der Weg frei zu den längst ersehnten, entscheidenden Investitionen in den Motor.
Das Team „Ecoemotion“ fuhr am 27.05.2011 am Shell Eco-Marathon auf dem Lausitzring einen Teameigenen Rekord mit 147 km pro Liter verbrauchtem Benzin (0,68 Liter auf 100 km). Damit konnte der Fahrer Klaus Berndt das Ergebnis vom Vorjahr um 20 % verbessern.
Der Antrieb des „Zero11“ hatte an Zuverlässigkeit mächtig zugelegt. So durchfuhr er alle der 4 möglichen Wertungsläufe mit einer Gesamtstrecke von 100 km. Der 2 cl alpha drehte Runde um Runde. Vergleiche mit dem Duracell-Hasen aus der Werbung taten sich auf. Zwei Jahre ehr das nötige Kleingeld und wir hätten den Technical Innovation Award nach Merseburg geholt.
So gut der Motor auch inzwischen lief, konnte man die Augen davor nicht verschließen, dass auch bei weiteren Verbesserungen mit diesem Antrieb künftig keine Distanzen über 300 km/Liter zu erreichen wären. Die Läufe 2011 waren nicht mehr als ein Nachschlag - „unser Exot läuft“ - wohl wissend, dass die noch auf dem Erstentwurf basierende Konstruktion längst einer gründlicheren Überarbeitung bedurfte.