Nutzhanf

Nutzhanf
regional, klimaresistent, kreislauffähig

Der Alleskönner unserer Zukunft

Das Fazit ist eindeutig: Nutzhanf ist eine Pflanze, die den aktuellen klimatischen Herausforderungen widerstandsfähig begegnet, deren Einsatzmöglichkeiten nahezu unbegrenzt erscheinen und die das Potenzial hat, eine ganze Region neu zu denken und nachhaltig zu entwickeln.


In einer Zeit multipler globaler Krisen gilt es mehr denn je, global und gleichzeitig lokal nachhaltig und ressourcenschonend zu denken und entsprechende Lösungsstrategien zu entwickeln. In den vergangenen Jahren beschäftigte sich ein interdisziplinäres Team an der Hochschule Merseburg mit der Frage, wie ein struktureller Wandel in Mitteldeutschland aussehen und gelingen kann. Das Team forschte an ökologischen, ökonomischen und sozialen Potenzialen von Nutzhanf.

Das Fazit ist eindeutig: Nutzhanf ist eine Pflanze, die den aktuellen klimatischen Herausforderungen widerstandsfähig begegnet, deren Einsatzmöglichkeiten nahezu unbegrenzt erscheinen und die das Potenzial hat, eine ganze Region neu zu denken und nachhaltig zu entwickeln.

 

Pilotprojekt BioenergiePLUS

Im Rahmen des Pilotprojekts BioenergiePLUS wurden Untersuchungen zum Anbau sowie zu Verwertungspotenzialen von Nutzhanf durchgeführt.

Anbau von Nutzhanf
Das Pilotprojekt machte deutlich, dass Mitteldeutschland über ideale Boden- und Anbaubedingungen für Nutzhanf verfügt.

Dank der wenig anspruchsvollen Anbaubedingungen und der ressourcenschonenden und energiearmen Anbautechnik konnten im Projektzeitraum – gemeinsam mit Agrarbetrieben aus der unmittelbaren regionalen Umgebung – unterschiedlichste Hanfsorten auf ihre Passfähigkeit für die regionalen Bedingungen untersucht, der Anbau einer Auswahl von Sorten erfolgreich erprobt und sein Potenzial für eine Weiterverarbeitung getestet werden.

 

 

Dank der wenig anspruchsvollen Anbaubedingungen und der ressourcenschonenden und energiearmen Anbautechnik konnten im Projektzeitraum – gemeinsam mit Agrarbetrieben aus der unmittelbaren regionalen Umgebung – unterschiedlichste Hanfsorten auf ihre Passfähigkeit für die regionalen Bedingungen untersucht, der Anbau einer Auswahl von Sorten erfolgreich erprobt und sein Potenzial für eine Weiterverarbeitung getestet werden.

Nutzungspotenziale
Bezüglich seiner Verwendung ist Hanf ein Alleskönner. Alle seine Bestandteile (Blüte, Samen, Blätter, Stängel) können sinnvoll eingesetzt und zu vielfältigen Produkten verarbeitet werden. Zudem lässt sich das selbstgesetzte Ziel, dass alle diese Produkte naturbelassen und biologisch abbaubar sein sollen, ohne Qualitätseinbußen umsetzen.

Nutzhanf enthält eine Reihe wertvoller Inhalts- bzw. Wirkstoffe, wie Mineralstoffe, Spurenelemente und Cannabinoide, deren gesundheitsfördernde Eigenschaften fortlaufend Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen sind. Die Nüsse (Hanfsamen) sowie das daraus gewonnene Hanföl und der Presskuchen werden beispielsweise als hochwertige Lebens- und Futtermittel sowie für die Herstellung von Kosmetikprodukten eingesetzt.

Außerdem ist Hanf eine Gespinstpflanze, die verspinnbare Fasern liefert und damit u.a. zu Seilen, aber auch zu Textilien verarbeitet werden kann. Der Hanfstängel besteht aus einem äußeren Bast- und einem innenliegenden Holzgewebe (Schäbe), die einen Hohlraum umschließen. Sowohl die Fasern als auch die Schäben lassen sich zu Bau- und Dämmstoffen verarbeiten.

Ergebnisse
Die Einblicke in die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Hanfes im Rahmen des Pilotprojekts BioenergiePLUS zeigen das große Potenzial für eine Verstetigung und einen echten regionalen Wandel – hin zur „Hanfregion“.

Mit dem Anbau und der Verarbeitung von Nutzhanf lassen sich zudem wichtige Aspekte sozialer Nachhaltigkeit erschließen: Werden die Wertschöpfungsketten in regionalen Netzwerken umgesetzt, entwickeln sich komplexe Wirtschaftsstrukturen aus Kleinst-, Klein- und mittelständischen Betrieben, die Arbeitsplätze schaffen. Mit diesen lässt sich nicht nur ein Mehrwert generieren, sondern sie helfen, die gesamte Region zu transformieren.

 

Aus dem Forschungsprojekt hat sich bereits eine konkrete (Unternehmens-)Ausgründung ergeben. Studierende und Professor*innen der Hochschule Merseburg haben sich zusammengeschlossen und eine Genossenschaft, die Hanffaser Geiseltal eG, gegründet – ein Erfolgsbeispiel für den gelebten Wissenstransfer in die Gesellschaft und die Region. Und auch überregional entwickelt die Forschung rund um Nutzhanf eine große Strahlkraft und Reichweite. Mit einer Vielzahl an Informations- und Workshopangeboten, Messe- und Konferenzteilnahmen entstehen Verbindungen auch zu
(über-)regionalen Partner*innen.

Einzelne Teilaspekte des Projektes BioenergiePLUS boten zudem Anknüpfungspunkte für weiterführende Forschung und Entwicklung. Beispielhaft dafür steht das aktuell laufende Projekt CannaLoT.

 

 

 

 

Forschungsprojekt CannaLoT

Im Rahmen des Projekts CannaLoT wird untersucht, wie Cannabinoidextrakte mittels Low-Tech-Verfahren hergestellt werden können.

Cannabidiol, kurz CBD, ist einer der vielen Bestandteile der Hanfpflanze, für die sich eine besondere Wirksamkeit erschließen lässt. CBD werden u.a. beruhigende, entzündungshemmende, schmerzlindernde, entkrampfende und angstlösende Eigenschaften zugeschrieben.

Die allmähliche wissenschaftliche Klärung der Potenziale des gesamten Hanfpflanzenspektrums, aber auch die empirischen Erfahrungen bei der praktischen Anwendung, insbesondere der Cannabinoide, hat eine große Nachfrage erzeugt. Diese wird aktuell ohne besondere Rücksicht auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit befriedigt – die aktuellen Verfahren der Gewinnung von Cannabinoiden sind aufwändig, ressourcen- und kostenintensiv sowie belastend für die Umwelt.

Das zentrale Forschungsthema des Projektes CannaLoT ist deshalb die Art und Weise, wie ein Vollspektrumcannabinoidextrakt umweltschonend und ressourcenschonend gewonnen werden kann. Damit ordnet es sich in die strategischen Bestrebungen der Hochschule Merseburg insgesamt und des Forschungsschwerpunkts Nachhaltige Prozesse im Besonderen ein. Auch mit dem Projekt CannaLoT soll herausgearbeitet werden, ob und wie ein Vollspektrumcannabinoidextrakt durch ein umweltschonendes Verfahren erzeugt und als nachhaltige Alternative für die Produktion zur Verfügung gestellt werden kann.

 

 

Alleskönner Hanf: Alle seine Bestandteile können sinnvoll eingesetzt und zu vielfältigen Produkten verarbeitet werden.
Quelle: Hanf Museum Berlin

Hanf und Nachhaltigkeit

Ökologisch bedeutsame Potenziale von Nutzhanf lassen sich – neben der Verarbeitung und Verwendung von Hanfprodukten – auch im Zusammenhang mit Anbau und Ernte dieser Pflanze erschließen. So ist Hanf beispielsweise in der Lage, wichtige Beiträge zur Rekultivierung belasteter Böden zu leisten und einen bedachtsamen Umgang mit Wasser zu ermöglichen. Auch in diesem Bereich gilt es, durch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten die bereits erkennbaren Potenziale ganzheitlich zu ermitteln.

Das vollständige Nachhaltigkeitspotenzial von Nutzhanf erschließt sich vor allem dann, wenn die gesamte Wertschöpfungskette vom Anbau bis zur Entsorgung der Endprodukte in einer Lebenszyklusanalyse betrachtet wird. Die Vorteile beginnen bereits beim Anbau: Nutzhanf ist sehr widerstandsfähig, wächst unter fast allen Bedingungen und benötigt dank seiner großen (Schädlings-)Resistenz keinerlei Fungizide oder Pestizide. Außerdem ist er eine schnell wachsende Pflanze, die nicht auf den Einsatz von Düngemitteln angewiesen ist und große Mengen an CO2 speichert.

 

Da die Hanfpflanze eine lange Pfahlwurzel ausbildet, benötigt sie darüber hinaus wenig Wasser zum Wachsen und kann die Bodenbedingungen verbessern, indem sie den Humusaufbau unterstützt.

Der Klimawandel ist facettenreich und vielschichtig: Erwärmung, Erschöpfung natürlicher Ressourcen, Artensterben, Verlust und Kontamination von anbaufähigem Boden und Wasser sind mit enormen Problemen verbunden. Dazu kommen Determinanten, die sich aus schwierigen sozialen Entwicklungen ergeben. Diese zeigen sich in einer Entfremdung von der Natur mit Folgen für die physische und psychische Gesundheit, die sich insbesondere in Tendenzen von Desintegration, Vereinsamung, sozialer Ungleichheit und Isolation zeigen. Vor diesem Hintergrund kann das Streben nach Nachhaltigkeit als eine Gegenbewegung zu diesen dysfunktionalen Prozessen verstanden werden. Es beinhaltet das Etablieren von biobasierten, lokalen Wertschöpfungsketten für gesunde, langlebige Produkte, die Entwicklung intakter Gemeinden und wohlwollender Beziehungen zwischen den Menschen sowie zwischen Menschen und Natur.

Insofern darf das Bemühen um Nachhaltigkeit nicht bei der Erforschung und Ausarbeitung neuer Lösungsansätze stehen bleiben, sondern muss auch die Kommunikation, Verbesserung und Implementierung bereits bestehender Lösungen einschließen. Zudem kann das Bestreben, quasi geschlossene Wertschöpfungsketten um den Nutzhanf aufzubauen, auch als ein Muster verstanden werden, Menschen mit ihren Ideen und ihrem Engagement zusammenzubringen. Das stetig wachsende Netzwerk regionaler Akteur*innen, die sich für den Anbau, die Ernte und die Verarbeitung von Nutzhanf sowie die Popularisierung von Hanfprodukten engagieren, unterstreicht, dass sich die Aktivitäten rund um Forschung und Entwicklung zu Nutzhanf diesem komplexen Verständnis von Nachhaltigkeit in ihren ökologischen, technischen und sozialen Aspekten verpflichtet fühlen.

Für die komplexen Herausforderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen, gibt es nicht die eine Lösung. Natürlich kann Hanf in der Gesamtlösung nur einen kleinen Beitrag leisten. Dennoch: Nutzhanf kann mit wenig wirtschaftlichem Aufwand und ökologischer Belastung nahezu überall angebaut werden und gleichzeitig in vielen Industriezweigen Einzug finden. Mit modernen Produktionsmethoden hat Hanf das Potenzial, zu einer tragenden Alternative in den an[1]stehenden strukturellen Wandelprozessen hin zu einer Bioökonomie zu werden. Insofern ist das Erschließen der Potenziale von Hanf nicht eine nette Liebhaberei einiger Enthusiasten. Vielmehr kann mit dem Anbau und der Verarbeitung von Nutzhanf ein nicht zu unter[1]schätzender Beitrag zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit geleistet werden.

 

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Kontakt

Prof. Dr. Gundula Barsch
Professur Drogen und Soziale Arbeit
Raum: Hg/E/03/12
Telefon: +49 3461- 462254
Ivette Witkowski
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Projekt: "CannaLoT"
Raum: Hg/E/3/5 und Fo/1/37
Telefon: 0174/9721029
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